Der kindliche Knick-Senkfuß ist eine dreidimensionale Fußfehlstellung mit Abflachung der Längswölbung, Einknicken des Fußinnenrandes und einer vermehrten Verkippung des Fersenbeins nach innen (Valgusstellung). Häufig liegen zusätzlich eine Abweichung des Vorfußes nach außen (Abduktion) und eine Verkürzung der Wadenmuskulatur vor. Unterschieden werden flexible (aktiv und passiv korrigierbare) von kontrakten (steifen) Fehlstellungen.
Der kindliche Fuß durchläuft in seiner natürlichen Reifung verschiedene Stadien. Bis zum Alter von 6 Jahren ist der flexible Knick-Senkfuß fast ausschließlich physiologisch (natürlich). 97 % aller 19 Monate alten Kinder weisen einen flexiblen Knick-Senkfuß auf. Bis zum Alter von 10 Jahren bildet sich die Fußlängswölbung zunehmend aus und nur bei einem kleinen Anteil der Kinder verbleibt die Fußfehlstellung. Ohne Beschwerden und Einschränkungen ist der flexible Knick-Senkfuß weiterhin nicht als pathologisch zu werten. Es besteht jedoch die Gefahr einer zunehmenden Steifigkeit und Schmerzhaftigkeit. Kindliche Knick-Senkfüße die sich weder passiv noch aktiv korrigieren lassen werden als kontrakte Knicksenkfüße bezeichnet. Sie sind definitionsgemäß als pathologisch zu werten und bedürfen einer genaueren klinischen und bildgebenden Diagnostik sowie weiterführenden Therapie.
Der flexible kindliche Knick-Senkfuß ist im Rahmen der Entwicklung physiologisch. Für die ausbleibende Korrektur wird eine erhöhte Laxizität der kindlichen weichteiligen Sehnen und Bänder angenommen. Die Ursachen eines Knick-Senkfußes bei neurologischen oder syndromalen Vorerkrankungen können sehr unterschiedlich sein. Hier führt eine Schwäche der Muskulatur (muskuläre Hypotonie) oder eine Laxität des Bandapparates zu einer Störung der Gesamtstatik sowie einer Störung komplex motorischer Bewegungsübergange. Es können Muskel-, Bindegewebs- oder Rückenmarkserkrankungen zugrunde liegen. Bei kontrakten Fehlstellungen können neben knöchernen Fehlbildungen oder auch neurogene/syndromale Erkrankungen vorliegen.
Der klinische Verlauf bei flexiblen und kontrakten kindlichen Knick-Senkfüßen kann ganz unterschiedlich sein. Häufig verspüren kleinere Kinder bis in das Schulalter hinein keine Beschwerden. Dann kommt es durch die vermehrte Belastung, z.B. während des Schulsportes, zu einer Beeinträchtigung aufgrund von Schmerzen und Funktionsstörungen. Die betroffenen Kinder vermeiden häufig längere Belastungen oder sportliche Aktivitäten. Die Beschwerden treten zunächst an der Innenseite des Fußes auf. Bei starker Abflachung der Längswölbung drückt sich der Fuß innenseitig gegen den Schuh. Es kommt zu Schwielenbildung und lokalem Druckschmerz. In ausgeprägten Fällen kann auch ein außenseitiger Schmerz durch das Anstoßen des Fersenbeines an den Außenknöchel auftreten.
Betroffene Patienten klagen über die o.g. Beschwerden. In der klinischen Untersuchung zeigen sich die typischen Fehlstellungen des Vor- und Rückfußes. Es besteht ein vermehrter Fersenvalgus (Ferse knickt nach außen weg), es kommt zu einer Abflachung der Innenseite des Fußes (der Längswölbung). In fortgeschritteneren Fällen ist auch eine Abduktion (Abspreizung) des Vorfußes vorzufinden. Letzteres wird auch als Too-many-toe sign bezeichnet. In der klinischen Untersuchung lässt sich oftmals auch eine Verkürzung der Wadenmuskulatur/Achillessehne feststellen.
Ein Röntgenbild im Stand in dorso-plantarer (d.p.) und streng seitlicher Ausrichtung zeigt das Ausmaß der Fehlstellungen. Im seitlichen Bild lässt sich eine Abflachung der Längswölbung gut darstellen. In der dorso-plantaren Aufnahme kann die Abduktion des Vorfußes beurteilt werden. Spezialaufnahmen wie die Saltzman- oder Rückfußaufnahme erlauben eine Beurteilung der Einstellung der Ferse gegenüber dem Unterschenkel. Nur in seltenen Fällen ist eine weitere bildgebende Diagnostik in Form eines MRTs oder eines CTs erforderlich. Diese sollte bedacht werden, wenn eine Koalitio (pathologische knöcherne Verbindung) vermutet wird.
Das Vorliegen eines flexiblen, schmerzfreien Knicksenkfußes ist zunächst physiologisch und entspricht der normalen Reifung. Diese Füße benötigen keine spezielle Therapie. Die Kinder sollten zu Hause viel Barfußlaufen und sich sportlich aktiv betätigen.
Bei Schmerzen, Fehlstellungen der Fußwurzel oder fehlender Aufrichtung im Zehenstand kann eine Einlagenversorgung erfolgen. Beim neurogenen und kontrakten Knick-Senkfuß sollte eine hochschalige Einlagenversorgung oder eine knöchelübergreifende dynamische Fuß-Sprunggelenkorthese mit sensomotorischem Design eingesetzt werden. Eine Nachtschienenversorgung bei Verkürzungstendenz der Wadenmuskulatur kann zusätzlich sinnvoll sein. Die Beübung des Fußes durch eine gezielte Kräftigungstherapie kann auch jüngeren Kindern spielerisch beigebracht werden und zu einer Verbesserung der Fußform beitragen. Zu den konservativen Therapieansätzen gehören u.a.:
Verbleibt oder verstärkt sich ein kindlicher Knick-Senkfuß trotz konservativer Therapie und entwickeln sich Beschwerden während der Belastung und in Ruhe sollte eine operative Therapie durch einen erfahrenen Fußspezialisten geprüft werden.
Bei Vorliegen eines symptomatischen, flexiblen Knick-Senkfußes im Kindesalter besteht bei rechtzeitiger Feststellung die Möglichkeit eines wachstumslenkenden Eingriffes. Im Alter von ca. 10-12 Jahren kann bei entsprechender Indikation eine subtalare Arthrorise, auch als Talus-Stopp Operation bezeichnet, durchgeführt werden. Dabei wird eine Schraube außen unter das Sprungbein (Talus) in das Fersenbein eingesetzt, die eine Aufrichtung der Fußwölbung bewirkt. Dieser wenig invasive Eingriff zeigt sehr gute Ergebnisse. Wichtig ist jedoch eine exakte präoperative Diagnostik, um mögliche Kontraindikation für diesen Eingriff auszuschließen. Auch muss der Fuß sich noch im Wachstum befinden, um das Wachstumspotenzial auszuschöpfen.
Bei schweren und kontrakten kindlichen Knick-Senkfüßen ist eine differenzierte Diagnostik (Röntgenaufnahme im Stehen unter Belastung, MRT/CT, ggf. Ganganalyse) erforderlich. Abhängig von den Ursachen können dann gezielt knöcherne und weichteilige Verfahren erforderlich sein. Diese sollten aufgrund der Komplexität der Fußfehlstellung durch einen erfahrenen Fußspezialisten erfolgen.
Steckbrief: Kindlicher Knick-Senkfuß: