Der erworbene Knick-Senkfuß des Erwachsenen, der im allgemeinen Sprachgebrauch oft als Plattfuß bezeichnet wird, ist eine Fehlstellung des Rück-und Vorfußes, die sich mit fortschreitendem Alter entwickelt. Es kommt zu einer zunehmenden Abflachung der Längswölbung mit Einknicken des Fußinnenrandes und einer vermehrten Außenkippung der Ferse. Abhängig vom Schweregrad der Deformität ist eine Einteilung in 3 Stadien nach Johnson und Strom möglich. Stadium I beschreibt die beginnende Fehlstellung des Fußes. Im Stadium II liegt bereits eine Knick-Senkfußstellung vor, diese ist jedoch noch flexibel. Im Stadium III besteht eine kontrakte, das heißt weder passiv noch aktiv korrigierbare, ausgeprägte Knick-Senkfußstellung des Fußes.
Die Ausbildung eines Knick-Senkfußes wird in den allermeisten Fällen durch eine Schwäche des Musculus tibialis posterior bedingt. Der Musculus tibialis posterior ist ein starker Unterschenkelmuskel, der für die Stabilisierung der Fußwurzelknochen und für die Ausbildung der innenseitigen Längswölbung wesentlich verantwortlich ist. Bei einigen Patienten kommt es mit fortschreitendem Alter zu einer Schwäche des Muskels und zur Ausbildung eines Knick-Senkfußes. Die Ursachen dieser Schwäche (Tibialis-posterior-Insuffizienz) sind nicht genau bekannt. Es werden chronische Überlastungen z.B. durch Übergewicht aber auch stoffwechselbedingte Schädigungen des Muskels und der Sehne im Rahmen eines Diabetes mellitus diskutiert.
Der erworbene Knick-Senkfuß entwickelt sich mit fortschreitendem Alter schleichend. Anfangs klagen die Betroffenen über ein leichtes Ziehen und eine Schwellneigung im Bereich des Innenknöchels. Mit zunehmender Degeneration der Sehne des Musculus tibialis posterior und zunehmender Abflachung der Längswölbung kommt es zu ziehenden Schmerzen bis in den Unterschenkel und den Vorfuß. In fortgeschrittenen Stadien berührt der Fußinnenrand bereits den Boden. Dort kommt es häufig zu einer Schwielenbildung und ausgeprägtem Druckschmerz. Aufgrund der Außenkippung der Ferse besteht eine vermehrte Instabilität während des Gehens und die schmerzfreie Gehstrecke ist aufgehoben.
Im Stadium I nach Johnson und Strom (siehe oben) kann eine konservative Therapie durchgeführt werden. Diese besteht in einer Stützung der inneren (medialen) Längswölbung durch eine medialbetonte Einlage. Zudem kann durch eine entsprechende Schuhwahl mit Modifikation der Sohlen eine verbesserte Mobilität erzielt werden. Daneben sollte versucht werden durch eine gezielte Kräftigung des Musculus tibialis posterior und der unterstützenden Muskeln, eine Degeneration der Sehne zu verlangsamen bzw. zu verhindern. Auch kann durch eine über-knöchelhohe Orthese oder entsprechende Tapeverbände eine Entlastung der Sehne bewirkt werden.
Kommt es zu einem Fortschreiten der Knick-Senkfußfehlstellung mit zunehmender Einschränkung der Mobilität und Kraft des Fußes trotz Ausreizung konservativer Maßnahmen ist eine operative Behandlung zu prüfen. Im Stadium II nach Johnson und Strom soll eine Operation das Fortschreiten der Deformität verhindern und eine Verbesserung der Mobilität und Lebensqualität erzielen. Im Stadium III ist operativ steht die Schmerzreduktion und Stabilisierung des Fußes im Vordergrund.
Im Stadium II werden häufig kombinierte knöcherne und weichteilige Operationsverfahren angewendet, bei denen gelenkerhaltend vorgegangen wird. Ein Standardverfahren ist die medialisierende Kalkaneus(Fersenbein)-Verschiebeosteotomie und der Transfer der Sehnen des Musculus flexor digitorum (FDL) oder hallucis longus (FHL). Sollte auch noch eine Abduktion (Abspreizung) des Vorfußes vorliegen, so können diese Verfahren mit weiteren Operationsmethoden, wie z.B. einer aufklappenden Osteotomie des Fersenbeines oder einer Stabilisierung der medialen weichteiligen Strukturen ergänzt werden. Aufgrund der komplexen Fehlstellung ist die Wahl des optimalen Therapieverfahrens durch einen erfahrenen Fußspezialisten zu stellen.
Im Stadium III liegt eine schwere, kontrakte (passiv nicht korrigierbare) Fußfehlstellung vor, die nicht erfolgsversprechend gelenkerhaltend behandelt werden kann. Im Stadium III werden daher achskorrigierende Versteifungsoperation der Fußwurzelgelenke (subtalar, talonavikular, ggf. kalkaneokuboidal) durchgeführt.
Nach gelenkerhaltenden Operationen eines Knicksenkfußes erfolgt die Nachbehandlung bei Entlastung oder geringer Teilbelastung in einer Orthese (Walker) oder Gipsschiene. Da regelhaft auch ein Sehnenversatz (durchgeführt wird, ist eine mediale Abstützung in leichter Supinationsstellung des Fußes bis zur Einheilung der Sehne nach 6 Wochen förderlich. Eine Aufbelastung erfolgt dann, abhängig vom gewählten Operationsverfahren, ab der 6. postoperativen Woche. Nach achskorrigierenden Versteifungsoperationen eines kontrakten Knick-Senkfußes ist eine Ruhigstellung des Fußes für 6-8 Wochen im Walker oder in der Gipsschiene zu empfehlen. Nach Röntgenkontrolle und ausreichender knöcherner Konsolidierung kann mit einer stufenweisen Aufbelastung begonnen werden. Im Verlauf ist eine Anpassung des Schuhwerks mittels Sohlenversteifung und Abrollhilfe zu prüfen.